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Rechte kennen, Rechte vermitteln

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BEARBEITUNGSDAUER 15 MINUTEN

 

Alle Personen in Deutschland haben ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, auf Schutz vor sexualisierter Gewalt und auf Schutz, Förderung und Teilhabe in digitalen Medien. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Diese Rechte können durch sexuelle Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt im Kontext digitaler Medien verletzt werden. Zum Beispiel, wenn jemand intime Bild- oder Videoinhalte ohne Einwilligung der Betroffenen erstellt oder verbreitet.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Schutz und Stärkung ihrer persönlichen Rechte. Kinderrechte sind jedoch nicht als eigenständiger Bestandteil im Grundgesetz verankert. Daher kommt u.a. der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland 1992 ratifiziert hat, eine besondere Bedeutung zu. Die dort aufgeführten Gesetze gliedern sich in Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte.

Gesetzliche Bestimmungen wie Kinderrechte, Jugendmedienschutz und Strafgesetze sollen junge Menschen einerseits vor negativen Einflüssen in digitalen Medien schützen und andererseits bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und stärken.

In diesem Modul erhalten Sie einen Überblick, welche rechtlichen Perspektiven im Hinblick auf Teilhabe- und Selbstbestimmungsrechte sowie den Schutz vor Gefährdungen für die Arbeit in den Bereichen der Sexualpädagogik, Prävention sexualisierter Gewalt und Medienpädagogik zentral sind.

Rechtliches Handeln als pädagogische Legitimation

Für pädagogisches Handeln ist es wichtig, Kinder und Jugendliche als eigene Rechtssubjekte anzuerkennen. Ein rechtebasierter Ansatz ist somit grundlegend und umfasst rechtliches Wissen und Handeln als integralen Bestandteil der pädagogischen Grundhaltung. Für ein rechtebasiertes pädagogisches Handeln ist daher sowohl der Blick auf Teilhabe- und Selbstbestimmungsrechte als auch auf den Schutz vor Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen relevant.

Im Kontext der Prävention von sexualisierter Gewalt im Zusammenhang mit digitalen Medien ist das Zusammenspiel von Kinderrechten und Schutzpflichten von besonderer Bedeutung. Die verschiedenen rechtlichen Perspektiven stehen dabei nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich wechselseitig. Zum Beispiel gilt das Recht auf Unversehrtheit und Teilhabe sowie Selbstbestimmung auch in digitalen Räumen.

Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen. Indem Sie Kindern und Jugendlichen Wissen über ihre Rechte vermitteln, können Sie als pädagogische Fachkraft einen Beitrag zur Prävention sexueller Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt leisten. Wenn Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen, können sie diese auch einfordern. Gleichzeitig können sie dadurch auch die Rechte anderer besser wahren. Zudem können sie besser erkennen, wenn ihre Rechte missachtet und verletzt werden.

Rechtliche Konsequenzen und Strafbarkeit

Selbstverständlich ist im Kontext sexualisierter Gewalt auch eine strafrechtliche Perspektive nicht zu vernachlässigen. Die Verletzung der dargelegten Rechte kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Strafbarkeit bestimmter Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Aus strafrechtlicher Perspektive steht die Frage im Fokus, ob und inwiefern eine Straftat vorliegt. Weitere Informationen zu strafrechtlich relevanten Fragen finden Sie hier.

Die folgenden rechtlichen Perspektiven zeigen eine Auswahl an Sichtweisen auf die Förderung und Wahrung von Rechten, die in den Bereichen Sexualpädagogik, Medienpädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt jeweils einen zentralen Stellenwert haben. Im Zusammenspiel sind sie immer auch in den anderen Bereichen wichtig und ergänzen einander.

1. Sexualpädagogische Perspektive: Recht auf sexuelle Selbstbestimmung

Junge Menschen können digitale Räume nutzen, um eine selbstbestimmte Sexualität zu entwickeln. Hier ist also das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wichtig.

Junge Menschen haben, wie alle anderen auch, ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ist im Grundgesetz im allgemeinen Persönlichkeitsrecht verankert und leitet sich ab aus:

Die rechtliche Perspektive innerhalb sexualpädagogischer Tätigkeiten leitet sich zudem u.a. aus der Charta der sexuellen und reproduktiven Rechte ab. In der Charta der sexuellen und reproduktiven Rechte ist ein Recht auf Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch im Zusammenhang mit Sexualität und Fortpflanzung festgehalten, das auch das Recht auf Schutz vor sexuellem Missbrauch, sexuellem Missbrauch von Kindern, sexueller Belästigung und Zwangsprostitution miteinschließt.

Das Recht auf Bildung (Artikel 26 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte; Artikel 28 und 29 der UN-Kinderrechtskonvention) ist ebenfalls die für die sexualpädagogische Arbeit von Bedeutung. Auch das Schwangerschaftskonfliktgesetz, Schul- und Kitagesetze der Länder mit Blick auf die Sexualerziehung sowie das SGB VIII sind in sexualpädagogischen Kontexten von Relevanz.

2. Präventionsperspektive: Recht auf Schutz vor Gewaltanwendung und Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit

Aus Sicht der Prävention von sexualisierter Gewalt ist zum einen das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) zentral. Zum anderen sind die Artikel 19 und 34 der UN-Kinderrechtskonvention von Relevanz, mit denen sich UN-Staaten dazu verpflichten, Kinder vor jeder Art von Gewalt und somit einschließlich sexualisierter Gewalt zu schützen.

Die UN-Kinderrechtskonvention wurde zudem durch Zusatzprotokolle ergänzt, die sich auf den Verkauf von Kindern, Ausbeutung von Kindern in/durch Prostitution und Missbrauchsdarstellungen beziehen.

Die Forderung des Schutzes vor sexualisierter Gewalt nach Artikel 34 der UN-KRK wird in Deutschland durch Festlegungen im Strafgesetzbuch umgesetzt. Insbesondere in der Arbeit der Prävention sexualisierter Gewalt ist die strafrechtliche Perspektive und strafrechtliche Konsequenzen bei der Verletzung von Rechten von Bedeutung.

3. Medienpädagogische Perspektive: Kinder- und Jugendmedienschutz

Kinder und Jugendlichen haben ein Recht darauf, sich sicher und frei in digitalen Medien zu bewegen. Auch in digitalen Räumen ist daher ein umfassender rechtlicher Schutz vor sexuellen Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt erforderlich.

Der Kinder- und Jugendmedienschutz ist daher im Jugendschutzgesetz rechtlich geregelt (JuschG). Kinder- und Jugendmedienschutz bedeutet die Pflicht, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der die Dimensionen Schutz, Befähigung und Teilhabe vereint. Dies heißt einerseits den Schutz durch z.B. Gefährdungseinstufungen zu ermöglichen, andererseits aber auch die Stärkung von digitalen Teilhaberechten sowie selbstbestimmtes Handeln in digitalen Räumen zu fördern.

Aus einer medienpädagogischen Perspektive erweist sich mit Blick auf sexuelle Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt in digitalen Kontexten insbesondere das Recht am eigenen Bild als relevant.

Im Kontext von Schutz in digitalen Medien ist ein Verweis auf die Verpflichtung von Anbietern von Plattformen, Regelungen in Bezug auf jugendgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte vorzunehmen, ebenfalls von Bedeutung. An dieser Stelle sind der Digital Service Act (DSA) sowie u.a. §24a des JuschG von Relevanz.

Wie kann ich rechtliche Perspektiven mit Kindern und Jugendlichen thematisieren?

Ausgehend von einer rechtlichen Perspektive kann mit Kindern und Jugendlichen die Wahrung von (Persönlichkeits-)Rechten und damit verbunden das Thema selbstbestimmtes und grenzachtendes Medienhandeln thematisiert werden. Dies ermöglicht gleichzeitig eine Sensibilisierung für Grenzüberschreitungen und -verletzungen. Rechte von jungen Menschen können aus dieser Perspektive unter einem positiven Ansatzpunkt und nicht ausgehend von (bereits geschehenen) Verletzungen und Unrechtserfahrungen besprochen werden. Der Verweis sowie die Perspektive auf das Unrecht von Verletzungen und die strafrechtliche Relevanz sind dennoch wichtig, setzen allerdings einen anderen Fokus.

Alles, was Sie hier ausfüllen ist nur für Sie. Ihre Daten werden nicht gespeichert.

Schon gewusst? Zahlen zum Wissen von Kindern und Jugendlichen über ihre Rechte

Am Ende des Moduls haben wir nun noch ein paar spannende Zahlen für Sie. Wie viele Kinder und Jugendliche wissen, was ihre Rechte sind – was denken Sie? Klicken Sie auf die Fragezeichen, um herauszufinden wie es um das Wissen zu Kinderrechten steht.

Die Zahlen konnten zeigen, dass das Wissen über Kinderrechte bei Kindern und Jugendlichen noch ausgebaut werden kann und muss. Lassen Sie sich von sperrigen Gesetzestexten nicht entmutigen und sprechen Sie mit Kindern und Jugendlichen über ihre Rechte. Im folgenden finden Sie Tipps und Methoden, wie das Thema ‚Rechte‘ in pädagogischen Kontexten vermittelt werden kann, ohne langweilig zu sein.

Wo finde ich Materialien und Tipps für die Praxis?

Eine Methode zur Thematisierung von Bildrechten gibt es bei Webhelm.

Eine Methode zur Thematisierung von geschlechtsspezifischer Gewalt und rechtlichen Aspekten findet sich bei Medien und Bildung RLP.

Eine Methode zur Thematisierung von strafrechtlichen Aspekten gibt es von der Landesanstalt für Medien NRW und mabb.

Das Projekt „Sexuelle und reproduktive Rechte KONKRET“ von pro familia bietet ausführliche Informationen zu sexuellen Rechten.

Beim Netzwerk Kinderrechte und beim Projekt #Kinderrechte digital lebenfinden sich weitere Informationen zu Kinderrechten.

Im Online-Seminar von Medien_Weiter_Bildung werden weitere rechtliche Aspekte wie der Datenschutz, Urheberrechte und Persönlichkeitsrechte im Kontext medienpädagogischer Praxis beleuchtet.

Bei KidD – der Stelle zur Durchsetzung von digitalen Kinderrechten finden sich zudem aktuelle Informationen im Hinblick auf die Überprüfung von Online-Plattformen.

Safe im Recht ist eine Anlaufstelle für Jugendliche und bietet kostenslose Rechtsberatung sowie Workshops für Fachkräfte an.

Wenn Rechte verletzt werden können Verstöße gegen Jugendschutzbestimmungen bei jugendschutz.net gemeldet werden. Dickstinction stellt eine Meldemöglichkeit bei ungewollter Zusendung von Dickpics dar. Über Take It Down können Nacktaufnahmen zur Löschung gemeldet werden.

Auch die Thematisierung von jugendgerechten AGB ist in diesem Kontext wichtig, denn der Digital Service Act sieht vor, dass die AGB von Diensten, die sich auch an Kinder und Jugendliche richten, verständlich verfasst sein müssen. Informationen und Methoden zur Förderung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen bei der Formulierung jugendgerechter AGB finden Sie beim Projekt des JFF.

Verwendete Literatur

Beckmann, Janna; Binder, Hannah; Lohse, Katharina (2023): Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe. Grundprinzipien, Leistungen, Schutzauftrag und strukturelle Bedingungen vor dem Hintergrund zunehmend digitaler Lebenswelten von Kindern und Jugendliche. Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF). Heidelberg. Online verfügbar unter https://dijuf.de/fileadmin/user_upload/JAdigital_Rechtsgutachten.pdf, zuletzt geprüft am 19.11.2024.

Brüggen, Niels; Dreyer, Stephan; Gebel, Christa; Lauber, Achim; Materna, Georg; Müller, Raphala; Schober, Maximilian; Stecher, Sina (2022): Gefährdungsatlas. Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher handeln. 2. Aufl. Hg. v. Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Bonn. Online verfügbar unter https://www.bzkj.de/resource/blob/197826/5e88ec66e545bcb196b7bf81fc6dd9e3/2-auflage-gefaehrdungsatlas-data.pdf, zuletzt geprüft am 19.11.2024.

Valentin, Anne; Eckl, Verena; Klische, Lukas; Reimann, Kristoph; Theel, Tobias (2024): Studie „Das ist mein Recht!“ Verwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention in Sachsen aus der Perspektive sächsischer Kinder und Jugendlicher. Hg. v. Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dresden. Online verfügbar unter https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/44122, zuletzt geprüft am 19.11.2024.

Vogelsang, Verena (2017): Sexuelle Viktimisierung, Pornografie und Sexting im Jugendalter. Ausdifferenzierung einer sexualbezogenen Medienkompetenz. Wiesbaden: Springer VS.