Im Strafrecht werden unter den §§ 184b und 184c StGB das Verbreiten, der Erwerb und Besitz kinder- bzw. jugendpornografischer Inhalte definiert und geregelt. Unter kinder- bzw. jugendpornografische Inhalte fallen Bilder und Videos, die Kinder bzw. Jugendliche in sexuellen Handlungen, in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung ganz oder teilweise unbekleidet oder mit entblößten Genitalien in sexuell-aufreizender Weise zeigen.
Der Fokus der Definition liegt auf dem Alter der abgebildeten Person. Dadurch umfasst die gesetzliche Regelung eine Bandbreite an Straftaten. Unter den Paragraphen werden Taten erfasst, in denen Kinder oder Jugendliche durch Erwachsene sexuell missbraucht und dabei gefilmt werden, aber auch ursprünglich konsensuell erstellte Sexting-Aufnahmen, die gegen den Willen der abgebildeten jungen Person weitergeleitet werden. Damit machen sich auch Kinder und Jugendliche der Verbreitung und des Besitzes von Kinder- bzw. Jugendpornografie strafbar, wenn sie Sexting-Inhalte nicht-konsensuell weiterleiten oder herunterladen oder aber auch Inhalte von sich selbst erstellen und diese über Plattformen und Apps wie YouTube, Snapchat oder TikTok streuen (Bundeskriminalamt 2023: 18).
Schon gewusst? Nicht nur die Verbreitung, sondern auch der Besitz sogenannter kinder- bzw. jugendpornografischer Inhalte ist strafbar. Wenn Betroffene sich Ihnen anvertrauen und dabei Material zukommen lassen wollen, kann dies auch Sie als Fachkraft betreffen. Bei den Qualitätskriterien zum Umgang mit Missbrauchsabbildungen des Projekts Beyond Digital Violence können Sie sich informieren, wie Sie mit dieser Problematik fachlich umgehen können.
Die große Bandbreite an Inhalten, Tatkontexten und Täter*innen-Gruppen, die unter die gesetzlichen Bestimmungen zu Kinder- und Jugendpornografie fallen, fordert nicht nur die Strafverfolgungsbehörden, sondern auch die pädagogische Praxis heraus. Kinder und Jugendliche können auf unterschiedliche Weise mit dieser Bandbreite an Inhalten in Berührung kommen und als Betroffene genauso wie als grenzverletzende Person in Erscheinung treten. Hier verschiedene denkbare Szenarien:
Theo, 12 Jahre, bekommt ein Foto zugeschickt, auf dem ein Junge in seinem Alter nackt mit einer Peitsche abgebildet ist. Er findet das irritierend und schickt es an seinen besten Freund weiter, weil er darüber reden will.
Max, 15 Jahre, schickt ein Foto von seinem Penis unkommentiert an Simon, 15 Jahre. Simon ärgert sich darüber und teilt es im Klassenchat. Er sendet das Foto außerdem an seine Mutter, die gerade bei der Arbeit ist.
Miriam, 16 Jahre, wurde mehrere Jahre lang von ihrem Vater sexuell missbraucht. Er hat die Übergriffe gefilmt und alles auf einer Darknet-Plattform hochgeladen.
In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen lohnt es sich, die Phänomene differenziert zu betrachten und entsprechend mit den jungen Adressat*innen zu kommunizieren. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und überlegen Sie: Wie würden Sie die oben genannten Fälle bezeichnen? Sind die strafrechtlichen Begriffe Kinder- und Jugendpornografie aus Ihrer Sicht hier passend?