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Online-Pornografie

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BEARBEITUNGSDAUER 25 MINUTEN

Im digitalen Zeitalter stehen pädagogische Fachkräfte vor der Herausforderung, dass Kinder und Jugendliche im Internet problemlos auf eine Fülle von pornografischen Inhalten zugreifen können. Obwohl es rechtlich verboten ist, solche Inhalte an Minderjährige weiterzugeben, geraten sie beispielsweise über Messenger-Apps damit in Kontakt. Zudem sind viele Websites leicht zugänglich, da es kaum effektive Alterskontrollen gibt. Grundsätzlich stellt sich die Frage: Welche Chancen und Risiken birgt dieser Zugang für junge Menschen? Die Debatten darüber bewegen sich in einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite wird gefordert, die Medienlandschaft strenger durch Gesetze und technische Filter zu regulieren. Auf der anderen Seite wird dafür plädiert, junge Menschen im Umgang mit Medien zu schulen, damit sie lernen, selbstbestimmt und verantwortungsvoll mit pornografischen Inhalten umzugehen.

Anhand dieses Moduls können Sie

  • sich mit unterschiedlichen Positionen in Bezug auf Pornografie auseinandersetzen und
  • Schwerpunkte der Sexualpädagogik, Medienpädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt im Umgang mit jugendlicher Pornografienutzung kennenlernen.

Pornografie ist nicht gleich Pornografie – was ist legal und was nicht?

Basierend auf den gesetzlichen Bestimmungen im deutschen Strafrecht lassen sich zwei Hauptkategorien von Pornografie unterscheiden:

  • Darstellungen sexueller Handlungen durch Erwachsene (§184 StGB): Solche Inhalte sind prinzipiell legal. Allerdings dürfen sie Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden. Die Betrachtung durch Minderjährige selbst ist jedoch nicht strafbewehrt (Vogelsang 2017).
  • Verbotene Inhalte: Darstellungen, die Gewalt, Tiere, Kinder oder Jugendliche in einem pornografischen Kontext zeigen (§§ 184a, 184b, 184c StGB), fallen unter diese Kategorie und sind generell strafbar.

Bei verbotenen Inhalten stellt sich grundsätzlich die Frage, ob der Begriff Pornografie angemessen ist. Vielmehr kann es in pädagogischen Kontexten sinnvoll sein, auf den juristischen Begriff der Kinder- und Jugendpornografie Bezug zu nehmen, dabei aber zu betonen, dass es sich um sexuelle Missbrauchsabbildungen, Darstellungen sexueller Ausbeutung oder den Missbrauch von Abbildungen von Kindern und Jugendlichen handelt. Im Kinder- und Jugendmedienschutz wird wiederum mit dem Begriff der Unsittlichkeit (§ 18 Absatz 1 Satz 2 JuSchG) schon unterhalb von pornografischen Inhalten angesetzt. Wenn Medien sexuelle Inhalte enthalten, die das Scham- und Sittlichkeitsgefühl grob verletzen, sind sie zu indizieren. Dazu zählen beispielsweise Gewalt legitimierende Darstellungen im Zusammenhang mit sexuellen Praktiken. Darstellungen einvernehmlicher sadomasochistischer Praktiken zwischen Erwachsenen werden allerdings nicht als grundsätzlich jugendgefährdend eingestuft (Brüggen et al. 2022).

Dieses Modul widmet sich dem Umgang mit legaler Pornografie im Sinne von Darstellungen, die detaillierte Nacktheit und sexuelle Handlungen erwachsener Personen zeigen (Döring 2011a). Kinder und Jugendliche können in verschiedenen Rollen mit legaler Pornografie in Kontakt kommen. Sie können sie sehen, versenden oder erhalten (Brüggen et al. 2022).

Informationen zu Aufnahmen sexueller Handlungen, ganz oder teilweise entblößter Körper oder intimer Körperteile von Minderjährigen finden sich im Modul „Missbrauchsabbildungen, Darstellungen sexueller Ausbeutung & Missbrauch von Abbildungen“. Die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (Deepnudes, Deepfake-Pornografie etc.) werden im Modul „Sexualität, sexualisierte Gewalt und Künstliche Intelligenz“ behandelt.

Positionen in Bezug auf legale Pornografie

In der Diskussion um die Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Pornografie spielen Moral und Ethik eine zentrale Rolle. Häufig geht es direkt oder indirekt um die Frage, wie legale Pornografie zu bewerten ist. Als pädagogische Fachkraft ist es daher wichtig, die eigene Position und die Perspektiven anderer auf Pornografie erkennen und einordnen zu können.

 

Eine Aufgabe für Sie: Lernen Sie zentrale Positionen zur Pornografie anhand von drei Fallbeispielen kennen. Klicken Sie die Wörter im Text an, die die jeweilige Position charakterisieren. Nutzen Sie die Kontrollfunktion, um sicherzustellen, dass Sie alle relevanten Aspekte erfasst haben.

Anti-Pornografie, Anti-Zensur und Pro-Pornografie

Döring (2011a) unterscheidet drei zentrale Positionen in Bezug auf legale Pornografie:

Anti-Pornografie-Position (Fallbeispiel Barbara K.): Pornografie wird generell als schädlich angesehen und eine stärkere gesetzliche Regulierung sowie gesellschaftliche Verurteilung und Ablehnung gefordert.

Anti-Zensur-Position (Fallbeispiel Michael B.): Pornografie wird für weitgehend harmlos gehalten, größere Gefahren werden in Kontroll- und Zensurmaßnahmen gesehen.

Pro-Pornografie-Position (Fallbeispiel Elif D.): Anstelle von Pauschalurteilen wird für eine differenzierte ethische Bewertungen anhand konkreter Kriterien der Produktion, Darstellung und Rezeption plädiert.

Sie möchten mehr zu den unterschiedlichen Positionen in Bezug auf Pornografie wissen? Dann möchten wir Ihnen diese beiden Texte empfehlen:

  • Döring, Nicola (2011b): Der aktuelle Diskussionsstand zur Pornografie-Ethik: Von Anti-Porno- und Anti-Zensur- zu Pro-Porno-Positionen. In: Zeitschrift für Sexualforschung 24, S. 1–30.
  • Döring, Nicola (2024): Digitale Pornografie. In: Petra Grimm, Kai Erik Trost und Oliver Zöllner (Hg.): Digitale Ethik. Baden-Baden: Nomos, S. 357–368.

Diese können Sie über die Website der Autorin beziehen.


Jetzt sind Sie wieder dran:
Denken Sie über die folgenden drei Fragen nach und verschriftlichen Sie Ihre Antworten. Alles, was Sie hier ausfüllen ist nur für Sie. Ihre Daten werden nicht gespeichert.

Pornografie und Jugend: Vom ersten Kontakt bis zur regelmäßigen Nutzung und ihren Effekten

Fakt ist: Viele Kinder und Jugendliche sehen Pornografie, gewollt oder ungewollt. Eine Konfrontation im jungen Alter ist allerdings vergleichsweise selten. Die Landesanstalt für Medien NRW (2023) hat in einer repräsentativen Studie 11- bis 17-Jährige zu ihren Erfahrungen befragt. Mehr als ein Drittel (35%) gab an, schon einmal online Pornografie gesehen zu haben. Der häufigste Zeitpunkt des Erstkontakts mit Pornografie lag nach Angaben der Befragten zwischen 12 und 14 Jahren. Eine kleine Gruppe (2%) gab an, bereits vor dem 9. Lebensjahr Kontakt mit Pornografie gehabt zu haben. Die Einschätzung der gesehenen Inhalte fiel sehr unterschiedlich aus. Das Gesehene wurde beispielsweise als erregend oder amüsant empfunden, aber auch als schockierend oder erniedrigend eingestuft. Der Konsum von Pornografie zeitigt demnach eine breite Palette von Reaktionen (Landesanstalt für Medien NRW 2023).

Die Ergebnisse der repräsentativen Studie von Quandt und Vogelsang (2018) bestätigen diese Tendenz zur Häufigkeit des Kontakts: Fast die Hälfte (46%) der befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 20 Jahren gab an, schon einmal Hardcore-Pornografie gesehen zu haben, also Inhalte, die explizit entblößte Geschlechtsteile in Nahaufnahme zeigen. Dabei zeigt sich, dass die Nutzungshäufigkeit stark variiert: Während 31 % der Jungen, die schon einmal mit Pornografie in Berührung gekommen sind, angeben, sie täglich oder mehrmals pro Woche zu konsumieren, tun dies nur 5 % der Mädchen. Im Gegensatz dazu nutzen 43 % der Mädchen Pornografie seltener als einmal im Monat, und 22 % geben an, sie nie zu nutzen.

Die Studienergebnisse zu Kontakt und Nutzung von Online-Pornografie zeigen deutlich die Bedeutung alters- und geschlechtsspezifischer Unterschiede. Komplexer stellt sich die Studienlage in Bezug auf die Auswirkungen von Online-Pornografie auf Kinder und Jugendliche dar. Eine aktuelle Übersichtsstudie kommt zu dem Schluss, dass die Forschung diesbezüglich häufig widersprüchlich ist. So wurde beispielsweise in einigen Studien ein positiver Zusammenhang zwischen Pornografiekonsum und der Entwicklung geschlechtsstereotyper Sexualvorstellungen festgestellt, während in anderen Studien kein signifikanter Zusammenhang gefunden wurde (Paulus et al. 2024).

Angesichts der Forschungslage, die eine Bandbreite von Effekten aufzeigt, kommt Döring (2022) zu dem Schluss, dass es keine „one-size-fits-all“-Lösung gibt und pädagogische Maßnahmen stets an die spezifische Situation und Zielgruppe angepasst werden sollten. Ein umfassendes pädagogisches Konzept sollte dabei geschlechtssensible Sexual- und Medienpädagogik sowie Prävention in den Bereichen Gewalt umfassen.

Impulse zum Zusammenspiel von Sexualpädagogik, Medienpädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt

Die quantitative Fachkräftebefragung von SOSdigital liefert interessante Hinweise zur unterschiedlichen Präsenz von Pornografie in der Arbeit von Fachkräften aus den Bereichen Sexualpädagogik, Medienpädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt. Die befragten Fachkräfte aus der Sexualpädagogik behandeln Pornografie am häufigsten in ihrer Arbeit: 85,4 % gaben an, dass Pornografie „oft“ oder „immer“ Teil ihrer Angebote sei. Bei Fachkräften aus dem Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt ist Pornografie moderat präsent, wobei 52,3 % angaben, Pornografie „oft“ oder „immer“ in ihre Angebote einzubeziehen. Medienpädagogische Fachkräfte integrieren Pornografie am seltensten in ihre Arbeit. Der Anteil der Fachkräfte, die Pornografie „oft“ oder „immer“ anbieten, liegt bei 33,3%.

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zum Thema Pornografie berührt dabei verschiedene Facetten. Dies zeigen die Gruppendiskussionen mit Teams aus der Sexualpädagogik, der Medienpädagogik und der Prävention sexualisierter Gewalt im Rahmen der qualitativen Teilstudie von SOSdigital. Wenn es um den pädagogischen Umgang mit Pornografie in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geht, setzen diese Teams unterschiedliche Schwerpunkte:

 

Überprüfen Sie Ihr Verständnis: Ihnen liegen verschiedene Aussagen vor, die sich mit dem Thema Pornografie in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen. Ihre Aufgabe ist es, diese Aussagen den pädagogischen Perspektiven zuzuordnen: Sexualpädagogik, Medienpädagogik oder Prävention sexualisierter Gewalt.

Lesen Sie die Aussagen aufmerksam durch. Beurteilen Sie, für welche der drei Perspektiven die Aussage einen Schwerpunkt darstellt und ziehen Sie sie in das entsprechende Feld. Wenn Sie alle Aussagen zugeordnet haben, können Sie Ihre Zuordnungen überprüfen.

 

 

Wie sind Sie mit der Übung zurechtgekommen? Denken Sie über die folgenden drei Fragen nach und verschriftlichen Sie Ihre Antworten. Alles, was Sie hier ausfüllen ist nur für Sie. Ihre Daten werden nicht gespeichert.

Wir danken Ihnen für Ihre Teilnahme an diesem Fortbildungsmodul zum Thema Online-Pornografie. Nutzen Sie das Wissen und die praktischen Ansätze dieses Moduls, um in Ihrem Arbeitsumfeld für das Thema zu sensibilisieren und Raum für Diskussionen und Fragen zu schaffen. Am Ende des Moduls finden Sie weitere Materialien, Tipps für die Praxis und Literaturhinweise.

Wo finde ich Materialien und Tipps für die Praxis?

Informationen zu Definitionen und gesetzlichen Regelungen, zur Fachdiskussion und zum Stand der Forschung zu Pornografie im Kindes- und Jugendalter finden sich im Gefährdungsatlas der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ).

Klicksafe bietet pädagogischen Fachkräften umfangreiche Informationen und Hinweise zum Umgang mit dem Thema Pornografie. Spezielle Materialien wie der Leitfaden „Let‘s talk about Porno“ und verschiedene Quizzes stehen zur Verfügung.

Ich möchte mehr wissen! – Ein- und weiterführende Literatur

Döring, Nicola (2011): Pornografie-Kompetenz: Definition und Förderung. In: Zeitschrift für Sexualforschung 24, S. 228–255.

Lemke, Richard; Weber, Mathias (2016): Was wir über die Wirkung von Pornographie wissen (und warum wir vieles nicht wissen). In: Anja Schmidt (Hg.): Pornographie. Im Blickwinkel der feministischen Bewegungen, der Porn Studies, der Medienforschung und des Rechts. Baden-Baden: Nomos, S. 87-122.

Schmidt, Anja (2017): Pornographie: Verbot – Regulierung – Freigabe? In: Ulrike Lembke (Hg.): Regulierungen des Intimen. Wiesbaden: Springer VS, S. 333-351.

Vogelsang, Verena (2017): Sexuelle Viktimisierung, Pornografie und Sexting im Jugendalter. Ausdifferenzierung einer sexualbezogenen Medienkompetenz. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Verwendete Literatur

Brüggen, Niels; Dreyer, Stephan; Gebel, Christa; Lauber, Achim; Materna, Georg; Müller, Raphaela et al. (2022): Gefährdungsatlas. Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher handeln. 2. Aufl. Hg. v. Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Bonn. Online verfügbar unter https://www.bzkj.de/resource/blob/197826/5e88ec66e545bcb196b7bf81fc6dd9e3/2-auflage-gefaehrdungsatlas-data.pdf, zuletzt überprüft am 19.11.2024.

Döring, Nicola (2011a): Pornografie-Kompetenz: Definition und Förderung. In: Zeitschrift für Sexualforschung 24, S. 228–255.

Döring, Nicola (2011b): Der aktuelle Diskussionsstand zur Pornografie-Ethik: Von Anti-Porno- und Anti-Zensur- zu Pro-Porno-Positionen. In: Zeitschrift für Sexualforschung 24, S. 1–30.

Döring, Nicola (2022): Sex, Jugend und Pornografie: Wie soll man pädagogisch damit umgehen? In: Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 67 (3), S. 94–99. Online verfügbar unter https://www.kjug-zeitschrift.de/de/Artikel/6056, zuletzt geprüft am 21.11.2024.

Döring, Nicola (2024): Digitale Pornografie. In: Petra Grimm, Kai Erik Trost und Oliver Zöllner (Hg.): Digitale Ethik. Baden-Baden: Nomos, S. 357–368.

Landesanstalt für Medien NRW (2023): Erfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Sexting und Pornos. Zentrale Ergebnisse der Befragung 2023. Online verfügbar unter https://www.medienanstalt-nrw.de/studie-porno-sexting-minderjaehrige-2023, zuletzt geprüft am 15.08.2024.

Paulus, Frank W.; Nouri, Foujan; Ohmann, Susanne; Möhler, Eva; Popow, Christian (2024): The impact of Internet pornography on children and adolescents: A systematic review. In: L’Encéphale. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1016/j.encep.2023.12.004, zuletzt geprüft am 19.11.2024.

Quandt, Thorsten; Vogelgesang, Jens (2018): Jugend, Internet und Pornografie. In: Patrick Rössler und Constanze Rossmann (Hg.): Kumulierte Evidenzen. Wiesbaden: Springer VS, S. 91-118.

Vogelsang, Verena (2017): Sexuelle Viktimisierung, Pornografie und Sexting im Jugendalter. Ausdifferenzierung einer sexualbezogenen Medienkompetenz. Wiesbaden: Springer Fachmedien.